Hand mit Telefonhörer in einer Hecke

Mit einem Gebet durchdringt man zwischenmenschliches Dickicht - oder erhält und gestaltet unverhoffte Kommunikationsmöglichkeiten.

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Das Gebet

Das Ganze Leben ist Gebet

Studien besagen, dass Menschen, die beten, gesünder und glücklicher sind als andere. Den Betenden sind diese Studien meistens gleichgültig. Die Zwiesprache mit Gott gehört für sie einfach zum Leben.

Im Gebet besinnt sich ein Mensch auf seine persönliche Beziehung zu Gott. Was ein Mensch wahrnimmt und erlebt, das bringt er im Gespräch vor Gott: Seine Freude und Dankbarkeit, seine Hoffnungen und Wünsche und sein Leid.

Beten aus Dankbarkeit

Wer bewusst betet, lebt aus Dankbarkeit. Dankbarkeit wächst aus dem Staunen über das, was das Leben alltäglich ausmacht- im Kleinen wie im Großen. Wenn es in der Bibel heißt "betet ohne Unterlass" (1. Thessalonicher 5,17), dann ist damit eine Lebenshaltung gemeint, in der ein Mensch andächtig auf das achtet, was ihm widerfährt, es aufmerksam wahrnimmt, genießt oder auch erleidet. Das ganze Leben kann so zum Gebet werden, zu einem bewussten Erleben vor Gott.

Beten ist Hören

Gebet muss nicht immer ausgesprochen sein. Auch ein Leben, das sich von Gott getragen weiß, sich Gottes Anwesenheit bewusst ist und versucht, auf Gottes Willen zu hören, ist Gebet. Oft hat beten viel mehr mit Hören als mit Reden zu tun. Hier ist die Grenze zur Meditation fließend. Im Gebet holt die Seele Atem und schöpft neue Kraft für den Alltag.

"Vor Dir

Mitten im Lärm der Freude,
mitten im Lärm der Lieder
bleibt es still.
Mein Gebet ist nur mein wortloses Dasein
vor Dir.
Ein angstvolles Warten –
Ein angstloses Warten,
beides umfasst von einem Wort,
das „Du“ sagt –
leise und unüberhörbar."

Christamaria Schröter, Es wird ein Tag sein,
© Christusbruderschaft Selbitz, Buch- & Kunstverlag, 1998

 

Jesus Christus lebte ganz in dieser Gottesgegenwart. Seine einzigartige Beziehung zu Gott strahlte auf andere aus. Und gerade er zeigte, dass diese Haltung nicht eine Abkehr von der Wirklichkeit bedeutet. Im Gegenteil: Sie ermöglicht einen klaren Blick auf die Realität, der letztlich zur Tat führt. Viele große Beter haben erlebt, dass die Wendung zu Gott und die spirituelle Versenkung sie schließlich zu einem intensiveren Kontakt mit der Wirklichkeit und zum politischen Engagement führte. Wer betet nimmt intensiv wahr – auch die sozialen Gegebenheiten und Missstände.

Raum für das Gebet bieten Kirchen, Zeit für Gebet der Gottesdienst. An diesem Ort, an dem oft seit Jahrhunderten Menschen die Begegnung mit Gott gesucht und gefunden haben, ist es leicht, sich in Lob und Bitte mit hineinnehmen zu lassen. Aber das Gebet ist nicht darauf beschränkt. Jede Zeit kann zur Gebetszeit werden, jeder Ort zur Ort der Gottesbegegnung. 

Gebet ist alles, was die Seele in Gottes Wort schafft: zu reden, zu dichten, zu betrachten und so fort.

Martin Luther

Beten geschieht frei – als Stoßgebet oder wie mit einem Freund, aber es gibt auch Gebetshilfen: die Psalmen oder das Vaterunser in der Bibel, Liedstrophen aus dem Gesangbucht oder Gebete von Christen durch die Jahrhunderte hindurch. Einige Gebete sind hier gesammelt. Das Gespräch mit Gott kann auch ein Stoßgebet sein, das nur aus wenigen Worten besteht, oder eines, das ganz frei formuliert ist. Beten ist Fühlen, Denken und Reden. Beten kann man auch mit Farben und Klängen, mit Bildern und Musik.

09.07.2018
Anne Lüters